Das alles beherrschende Thema in Politik und Gesellschaft ist noch immer die Pandemie mit dem Covid-19 Virus. Gleich danach folgt die Präsidentenwahl in den USA. Aber auch Cannabis sorgt immer für eine Schlagzeile.
Politik
National- und Ständerat haben beide dieses Jahr sowohl der erleichterten Verschreibung von Cannabis-Produkten an kranke Patienten wie auch den wissenschaftlichen interurbanen Abklärungen über das Verhalten von Cannabis-Konsumenten zugestimmt. Auch wurde eine Motion von Nationalrätin Léonore Porchet (GP) die eine Korrektur des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) anstrebte, eingereicht. Der Fachzirkel Cannabis Schweiz hat die Eingabe unterstützt.
Hier die Details der Motion:
Der Bundesrat wird beauftragt, das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) so zu revidieren, dass:
1. die Cannabispflanze nicht mehr als psychotroper Stoff verboten ist
2. im Gesetz nur noch der Wirkstoff von Erzeugnissen und nicht mehr die gesamte Pflanze genannt wird
3. in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d die psychotropen Wirkungen umschrieben werden
Vor Kurzem hat der Nationalrat eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes angenommen, damit Pilotversuche in der Schweiz möglich werden. Der Wille, unsere Drogenpolitik neu zu definieren, ist also da. Dazu braucht es auch eine semantische Präzisierung im Betäubungsmittelgesetz. So ist im geltenden Recht die Cannabispflanze als Betäubungsmittel verboten. Diese Definition ist falsch, weil nicht die Pflanze ein Betäubungsmittel ist, sondern das Tetrahydrocannabinol, das aus der Pflanze gewonnen wird. So gelten auch Mohnblumen nicht als Betäubungsmittel, auch wenn sie zur Herstellung psychotroper Stoffe verwendet werden können. Diese Motion hat daher zum Zweck, diesen semantischen Fehler zu korrigieren, der die Cannabispflanze nicht als Pflanze mit verschiedenen Verwendungszwecken (medizinische Zwecke oder Genusszwecke), sondern nur als Betäubungsmittel erfasst. So gebraucht unser geltendes Recht jetzt schon den Begriff "Rohmaterialien" (BetmG, Art. 2 Bst. c), obwohl im vorliegenden Fall die Cannabispflanze zu einem psychotropen Erzeugnis gemacht wird und nicht umgekehrt. Die Artikel 2, 4, 6 und 19 des genannten Gesetzes sollen also so geändert werden, dass unser gesetzlicher Rahmen mit der Realität in Einklang gebracht wird. Betäubungsmittel können nicht angebaut werden, aus Pflanzen hingegen können, oder eben nicht, Betäubungsmittel gewonnen werden.
Eine erstaunliche Formulierung enthält letztlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d: "die Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis". Tatsächlich hat die Cannabispflanze aber keine psychotrope Wirkung. Die Formulierung ist ungeschickt und falsch, da sie einmal mehr die Pflanze mit dem psychotropen Stoff verwechselt.
Der Bundesrat kann das Anliegen der Motionärin, im Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) anstatt Cannabis im Sinne einer Pflanze dessen Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) als Betäubungsmittel zu definieren, aus fachlicher Sicht nachvollziehen. Wissenschaftlich betrachtet ist es unpräzise, wenn in Artikel 2 Buchstabe a BetmG der Begriff "Wirkungstyp Cannabis" verwendet wird, denn Cannabis weist eine Vielzahl an sehr unterschiedlichen Wirkstoffen (sogenannte Cannabinoide) auf. Für die psychotrope Wirkung von Cannabis ist aber nur THC verantwortlich, weshalb es im Grunde genommen der "Wirkungstyp THC" ist, der betäubungsmittelrechtlich im Vordergrund steht.
Die Begrifflichkeit im BetmG orientiert sich allerdings am übergeordneten internationalen Recht, insbesondere am Einheits-Übereinkommen von 1961 (EHÜ61, SR 0.812.121.0). Bei der Ausarbeitung des EHÜ61 war noch sehr wenig über die aktiven Wirkstoffe von Cannabis bekannt und THC wurde erst kurze Zeit nach dessen Inkrafttreten isoliert. Dies erklärt, weshalb historisch betrachtet die internationale Kontrolle von Cannabis als Pflanze insgesamt im Vordergrund stand und erst später das spezifische Verbot des psychoaktiven Wirkstoffs THC dazu kam.
Das internationale Verbot von Cannabis hatte zur Folge, dass dessen wirtschaftliches Potential lange stark eingeschränkt war. Erst mit der Einführung von THC-Grenzwerten in den nationalen Betäubungsmittelregelungen wurde eine eindeutige Grundlage geschaffen, um Bestandteile von Cannabis zu nutzen, die ganz oder nahezu THC-frei sind. Durch entsprechende Zuchtentwicklungen konnten THC-arme Cannabissorten entwickelt werden, die heute Rohstoffe u.a. für die Medizinal-, Kosmetik- und Tabakersatzindustrie liefern.
In der Schweiz werden die Definitionen der einzelnen Betäubungsmittel stufengerecht in der Verordnung des EDI über die Verzeichnisse der Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe, Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien (BetmVV-EDI, SR 812.121.11) präzisiert. Cannabis wird dort seit 2011 im Sinne der Motionärin in Zusammenhang mit dem Wirkstoff gesetzt. Nur solche Pflanzen oder Pflanzenteile und Präparate daraus, welche einen Gesamt-THC-Gehalt von mind. 1% enthalten, gelten demgemäss als Cannabis im betäubungsmittelrechtlichen Sinn. Dadurch ist die wirtschaftliche Nutzung der Hanfpflanze ausserhalb des betäubungsmittelrechtlichen Kontrollsystems gewährleistet.
Insgesamt erscheint eine Anpassung der Terminologie auf Gesetzesebene als weder opportun noch notwendig. Sie würde dazu führen, dass die Kohärenz mit der Begrifflichkeit des internationalen Rechts nicht mehr gegeben wäre. Punktuelle Anpassungen des BetmG bergen zudem die Gefahr, dass diese Widersprüche und Unklarheiten zur übrigen Terminologie generieren. Deshalb müsste die vorgeschlagene Änderung vorgängig im Gesamtkontext des BetmG geprüft und gegebenenfalls im Rahmen einer allgemeinen Revision des BetmG diskutiert werden.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Es ist also klar ersichtlich, dass der Bundesrat sich der unkorrekten und irreführenden Listung von Cannabis im Betäubungsmittelgesetz bewusst ist. Da jedoch auch international, besonders in der UNO-Konvention eine falsche Terminologie verwendet wird, befürchtet der Bundesrat zwischenstaatliche Konflikte und lehnt eine entsprechende Korrektur ab.
Am 25. September wurde von Nationalrat Heinz Siegenthaler (BDP) eine parlamentarische Initiative eingereicht mit dem Ziel, dass die Produktion von Cannabis neu geregelt werde und der medizinische und nicht-medizinische Markt getrennt werde. Leider berücksichtigt Heinz Siegenthaler nicht, dass Cannabis im Betäubungsmittelgesetz als verbotenes Betäubungsmittel aufgeführt ist. Ohne eine Streichung dieses Zusatzes hat eine medizinische Anwendung von Cannabis-Produkten keine Chance. Wir haben mit Heinz Siegenthaler Kontakt aufgenommen.
Europäische Einteilung von CBD als Betäubungsmittel
Am 5. Oktober erschien im Tagesanzeiger der Stadt Zürich ein Artikel mit der Mitteilung, dass die Europäische Kommission plane, alle CBD-Produkte als Betäubungsmittel zu deklarieren. Diese Entscheidung beruht darauf, dass die meisten Länder Cannabis als Pflanze zu den Betäubungsmitteln zählen, entsprechend des Einheits-Übereinkommens von 1961 über die Betäubungsmittel, abgeschlossen an der UNO am 30. März 1961. Obwohl die WHO schon lange empfiehlt, das Übereinkommen zu korrigieren, ist bisher nichts geschehen. Es wäre an der Zeit, dass internationale Organisationen sich für eine Korrektur des Übereinkommens einsetzen. Das übersteigt aber die Möglichkeiten des FZCS.
Da der Bundesrat Ausnahme-Artikel und Sonderregelungen im BetmG erlassen hat, ist eine Übernahme der eventuell vorgesehenen europäischen Regelungen in der Schweiz unwahrscheinlich.
Schulungen
In Zusammenarbeit mit Medinform werden wir am 20. Januar 2021 für Apothekerinnen und Apotheker eine Schulung für die korrekte Herstellung von magistral verschriebenen Cannabis-Produkten durchführen:
Kurzseminar vom 20. Januar 2021
Cannabis-Magistralrezeptur
Die medizinische Anwendung von Cannabis-Produkten nach der erleichterten Verschreibung von Betäubungsmitteln in der Schweiz
Organisiert durch MEDINFORM und dem Fachzirkel Cannabis Schweiz
Datum: 20. Januar 2021
Ort: Hochschule für Wirtschaft HWZ, Lagerstrasse 5, 8004 Zürich
Raum 411 (4.Stock)
Teilnehmer: Apothekerinnen und Apotheker (Die Anzahl ist auf 50 beschränkt)
Programm: 08.30 Uhr: Begrüssung durch die Veranstalter
09.00 Uhr Rechtliche Grundlagen und Voraussetzung
Herr Dr. Christian Werz, wissenschaftlicher Mitarbeiter BAG
09.45 Uhr Medizinische Indikationen und Dosierung von Cannabis
Frau Dr. med. Melanie Joyce Rehli, Leitende Ärztin,
Schmerztherapie, Kantonsspital Graubünden, Chur
10.45 Uhr Pause
11.00 Uhr Cannabis als Medikament in der Magistralrezeptur,
Anforderung an die Ausgangsstoffe, Umgang und Herstellung
Herr Dr. Manfred Fankhauser, Bahnhof-Apotheke Langnau
und Herr Markus Lüdi, Cannapharm, Burgdorf
12.00 Uhr Kontakt mit verschreibenden Ärzten, Besprechung von
Dosierung und Zusammensetzung
Dr. René Jenni, Leonhards-Apotheke, Zürich
12.30 Zusammenfassung
Die Veranstaltung wird Ihnen mit 25 FPH-Kreditpunkten gutgeschrieben.
Teilnahmegebühr: CHF 150.00/Person inkl. Pausenverpflegung
Eine Anmeldung ist ab sofort möglich unter https://kurse.medinform.ch/default/1598953060714.html.
Mitglieder der Fachzirkel Cannabis erhalten unter Eingabe des Codes FZCS2021 einen Rabatt von CHF 50.-
In Vorbereitung sind weitere Schulungen, die in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Cannabis in der Medizin (SGCM/ SSCM, www.sgcm-sscm.ch) und dem Verein Medcan (www.medcan.ch) organisiert und durchgeführt werden. Von Partie wird wiederum Medinform sein. Diese Schulung richten sich an alle Fachpersonen, Ärzte, Apotheker, Therapeuten usw.
Interurbanes Cannabis-Projekt
Auch das Interurbande Cannabis-Projekt ist auf gutem Weg zur Realisierung. Noch muss der Bundesrat die definitiven gesetzlichen Grundlagen ausarbeiten, die dann vom Parlament genehmigt werden müssen. Dieser Prozess ist absehbar. Wir hoffen, dass im Herbst 2021 das Projekt gestartet werden kann. Der Fachzirkel Cannabis Schweiz ist in der Ausarbeitung des Projektdesigns involviert und wird sich für die Apotheken einsetzen. Apotheken der Städte Zürich und Winterthur, die sich an wissenschaftlich durchgeführten Abklärungen über den Cannabis-Konsum interessieren können sich nach der Konkretisierung des Projektes für die Teilnahme anmelden. Wir werden Sie informieren. In den anderen Kantonen (Basel, Luzern, Graubünden, Waadt und Genf) sind die kantonalen Verbände zuständig.
Der Fachzirkel Cannabis setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass Cannabis-Produkte als registrierte Medikamente von pharmazeutisch-medizinischer Qualität mit behördlicher Kontrolle in Apotheken angeboten und verkauft werden können. Dazu braucht es Lobbying bei den Politikern, auch eine Sensibilisierung bei bestehenden Cannabis-Produzenten.
Bitte unterstützen sie unsere Bemühungen, indem Sie Mitglied in unserem Verein werden. Für nur CHF 100.00 im Jahr können sie es Patienten ermöglichen, schon bald vom medizinischen Potential von Cannabis zu profitieren.
Wir danken Ihnen für Ihr Interesse
Comments